WERNER VOSS RRM-010, 28. Januar 1975

 
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WERNER VOSS RRM-010, 28. Januar 1975

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Gepostet: 20.10.2022 - 15:55 Uhr  ·  #1
WERNER VOSS RRM-10, 28. Januar 1975

Thema: Cajun und Zydeco (1)

01 Johnnie Allan Cajun Man 1.58 Jin 207 1965
02 Rod Bernard & The Twisters This Should Go On Forever 2.41 Jin 105 1959
03 Phil Phillips with His Twilights Sea Of Love 2.22 Khoury’s 711 1959
04 Al Ferrier & His Bopping Billies Let’s Go Bopping Tonight 2.15 Goldband 1072 1965
05 Gene Terry Cindy Lou 2.05 Goldband 1066 1958
06 Cookie & The Cupcakes Matilda 3.09 Judd 1002 1959
07 Rod Bernard My Jolie Blond 2.51 Jin LP-4007 1967
08 Cleveland Crochet & His Hillbilly Ramblers Sugar Bee 2.34 Goldband 1106 1960
09 Randy & The Rockets Let’s Do The Cajun Twist 2.09 Jin 161 1962
10 Rod Bernard Colinda 2.31 Hall-Way 45-1902 1962
11 Johnnie Allan The Promised Land 2.02 Jin 244 1971
12 The Hollywood Argyles Alley Oop 2.42 Lute 5905 1960
13 Skip & Flip Fancy Nancy 1.50 Brent 7005 1959
14 The Pledges Betty Jean 1.59 Rev 3517 195
15 Paul Revere & The Raiders Like Long Hair (instrumental) 1.56 Gardena 116 1961
16 B. Bumble & The Stingers Nut Rocker (instrumental) 2.00 Rendezvous 166 1962


WORTPROTOKOLL

Klaus Wellershaus (K.W.): Guten Tag, liebe Zuhörer. Da ich genau so erkältet bin wie alle Welt in diesen bitteren Zeiten, bin ich heilfroh, dass der Werner Voss heute hauptsächlich redet. Tag, Werner.

Werner Voss (W.V.): Guten Tag, Klaus.

K.W.: Schieß mal los.

W.V.: Ja, liebe Hörer, ich möchte Sie heute mit einer Art von Rock ‚n‘ Roll-Musik bekannt machen, die erst Ende der 50er Jahre entstanden ist und noch heute lebt, also in dieser Art und Weise gespielt wird. Die Interpreten nennen ihre Musik den South Louisiana Sound. Es ist eine Mischung aus Country & Western, New Orleans Dance Blues à la Fats Domino, und als wichtigstes Element: Cajun-Musik. Der Begriff Cajun-Musik bedarf einer kurzen Erklärung. Die Cajuns sind eine französisch-sprachige Minderheit im Süden des US-Staates Louisiana zwischen Mississippi-Delta und der Küste des Golfes von Mexiko. Es sind die Nachfahren französischer Einwanderer, die von den Engländern Mitte des 17. Jahrhunderts aus der kanadischen Provinz Arcadia, heute Neu-Schottland, vertrieben wurden. Die Cajuns haben sich über die Jahrhunderte eine kulturelle Eigenständigkeit und Lebensweise bewahrt, die mit dem amerikanischen ‚Way of Life‘ kaum etwas zu tun hat. Bedeutendster Ausdruck ihrer Kul- tur ist die Cajun-Musik.

Das war Johnnie Allen mit dem Song „Cajun Man“ aus den Mittsechziger Jahren. Diese Aufnahme ist kein Beispiel reiner Cajun-Musik, sondern des daraus entwickelten South Louisiana Sound. Die Cajun-Musik hat einen ganz eigentümlichen Klang durch das Cajun-französisch und die als hauptsächlich als Begleitinstrumente verwendeten Geigen und Akkordeons. In dieser ursprünglichen Form lebt diese Musik noch heute, wenngleich die Instrumente heute elektrisch verstärkt sind. Kommerziell ist die Cajun-Musik nur regional erfolgreich, schon wegen der Sprach-Barriere. Doch in der weiter entwickelten Form durch die Verbindung mit Country & Western und New Orleans Dance Blues wurde sie Ende der 50er Jahre sogar international erfolgreich. Der South Louisiana Sound war entstanden.

„This Should Go On Forever“ von Rod Bernard, die wir eben hörten, war 1958 die erste Platte im South Louisiana Sound, die in den gesamten USA zum Hit wurde. In dieser Aufnahme traten die Elemente des New Orleans Dance Blues ganz deutlich hervor. Und aus dieser Spielart übernahm man das Saxophon, das das Akkordeon der reinen Cajun-Musik ersetzte. 1959 wurde dann eine Aufnahme aus Süd-Louisiana zum internationalen Bestseller: „Sea Of Love“ von Phil Phillips & The Twilights. Diese Aufnahme erschien zunächst bei kleinen Plattenfirmen, die dann, als sich der Durchbruch abzeichnete, ihre Aufnahmen an Konzerne verkauften, die über ein nationales Vertriebsnetz verfügten.

Ich weiß nicht, ob Sie hier rausgehört haben, dass der Sänger von „Sea Of Love“ Phil Phillips ein Schwarzer ist? Ich jedenfalls nicht, als ich 1959 diese Aufnahme zum ersten Mal hörte. Und das ist bei dieser Musik auch nicht ganz einfach, weil Schwarze sich wie Weiße anhören und umgekehrt, denn beide verwenden genau die gleiche Musik. Bei den Cajuns besteht so gut wie keine Rassentrennung. In den Cajun- Bands spielen Schwarze und Weiße zusammen. Und viele Schwarze sprechen französisch oder haben französische Namen wie zum Beispiel der bekannteste schwarze Cajun-Akkordeonspieler Clifton Chenier, der bei uns mit dem American Blues Folk Festival zu sehen war. „Sea Of Love“ wurde von Eddie Shuler produziert und auch in dessen kleinem Studio in Lake Charles aufgenommen.

Obwohl Shuler selbst kein Cajun ist, hat er doch seit 1952 auf seinem Platten-Label viele Cajun-Aufnahmen veröffentlicht, darunter die erfolgreichste, die Sie nachher noch hören werden. Als sich der Rock ‚n‘ Roll durchsetzte, produzierte Eddie Shuler auch zahlreiche Rhythm & Blues- und Rockabilly-Aufnahmen. Hierzu gehört „Let’s Go Bopping Tonight“ von Al Ferrier, aufgenommen im Februar 1956.

Das Studio von Eddie Shuler, das er heute neben seiner Fernseh- Reparatur-Werkstatt unterhält, ist praktisch ein 1-Mann-Betrieb, und nach den Bildern, die er mir einmal schickte, nicht größer als zwei normale Zimmer.

K.W.: Daraus entnehme ich, dass der Mann heute noch arbeitet.

W.V.: Ja, ja.

K.W.: Genauso wie in den frühen 60er Jahren und späten 50er Jahren.

W.V.: Und: er vertreibt auch seine Platten selber. Seine ganze Plattenfirma ist praktisch ein 1-Mann-Betrieb.

K.W.: Also nichts mit großen Konzernen und so.

W.V.: Nein, nein, nein. Und worauf ich nachher noch einmal zurückkommen werde, ist, dass sich aus seiner Naivität im Platten-Business dann auch gewisse Nachteile ergeben haben. Eine andere von Eddie Shuler produzierte Rock ‚n‘ Roll-Aufnahme ist „Cindy Lou“ von Gene Terry aus dem Jahre 1958. „Cindy Lou“ wurde im Original 1954 von Eddie Shuler mit der schwarzen Gruppe The Boogie Ramblers aufgenommen. Als er Jahre später weitere Aufnahmen mit der Gruppe einspielen wollte, musste er feststellen, dass die Gruppe unter dem Namen Cookie & The Cupcakes inzwischen bei einer anderen Plattenfirma unter Vertrag stand. Shuler hatte bis dahin Verträge nur mündlich geschlossen und dann mit einem Handschlag besiegelt. So Naiv war man damals.

K.W.: Das meinst Du auch mit dem Dilettantismus …


W.V.: Ja, ja.


K.W.: ...mit dem er seine Geschäfte betrieb.


W.V.: Cookie & The Cupcakes sind noch heute eine der besten Formationen des South Louisiana Sound. 1960 hatte die Gruppe einen großen Erfolg mit dem Song „Matilda“. Sänger ist der Saxophonist Huey Tierrey, der sich den Namen Cookie zulegte.
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Gepostet: 20.10.2022 - 16:06 Uhr  ·  #2
Das war noch einmal Rod Bernard, ein echter Cajun aus Opelusas mit einer verrockten Version des wohl bekanntesten Cajun-Songs „Jolie Blond“.

Nochmals zurück zu Eddie Shuler. 1960 nahm er mit der Band von Cleveland Crochet den - kommerziell gesehen – erfolgreichsten Cajun-Song aus, „Sugar Bee“. Sänger ist der Steel-Gitarrist Jay Stutes.

Als 1961 die Twist-Welle begann, machten auch Cajun-Musiker ein paar Twist-Aufnahmen, die jedoch mit den Twist-Nummern à la Chubby Checker nur das Wort Twist gemeinsam haben. Randy & The Rockets forderten damals die Tänzer auf „Let’s Do The Cajun Twist“.

Einen kleinen Eindruck vom Cajun-französisch erhält man durch die Aufnahme „Colinda“ von Rod Bernard. Dieser Song gewinnt seinen Reiz dadurch, dass der Text abwechselnd in französisch und englisch gesungen wird. ‚Colinda ist das süßeste Mädchen im Cajun-Land‘, so erzählt Rod Bernard, ‚aber ihre Mutter will nicht, dass sie einen Cajun-Boy heiratet.‘ Den Grund hierfür erfahren wir nicht. Aber man muss wissen dass die meist in einfachen Verhältnissen lebenden Cajuns sehr gerne essen und noch viel lieber trinken.

Und zum Schluss dieses kleinen Ausfluges nach Süd-Louisiana noch einmal Johnnie Allan aus Lafayette, mit vollem Namen Johnnie Allan Guillot . Seine Version von Chuck Berry’s „The Promised Land“ lässt die vor kurzem erschienene Version von Elvis Presley wie Musik aus der Retorte erscheinen.

Und nach dem South Louisiana Sound etwas ganz anderes. In der letzten Sendung an Silvester versprach ich, noch einmal auf die Hollywood Argyles zurückzukommen, die ja 1960 die Original-Version von „Alley Oop“ aufnahmen. Hier sind sie. Die Hollywood Argyles waren 1960 eine Gruppe von Teenagern, die sich für eine Plattenaufnahme mehr oder weniger zufällig zusammen fanden. Spätere Aufnahmen stammen von Studio-Musikern. Fast alle Mitglieder der Gruppe konnten 1960 bereits auf Erfahrungen im Show-
Business zurückblicken.

So Gary Paxton – er war die eine Hälfte des Duos Skip & Flip, Dan Dallas Frazier war als Kinderstar in einer Country & Western-Musik-Fernsehserie aufge-
treten, ebenso wie Kim Fowley in der Fernsehserie ‚Doc Holiday‘. Und Marshall Leib war 
Mitglied von Phil Spector’s Teddybears gewesen. Über Gary Webb fand ich leider keine Informationen. Und als Schlagzeuger der Gruppe fungierte Bobby Ray, der als Little Bobby Ray mehrere Instrumental-Aufnahmen machte. Kim Fowley nannte 1966 jedoch in einem Interview Sandy Nelson als Drummer, was ich mir allerdings nicht recht vorstellen kann, da Sandy Nelson 1959 mit dem Million-Seller ‚Teen Beat‘ gerade seine Solo- Karriere begonnen hatte. Kim Fowley und Gary Paxton waren in den frühen 60ern noch sehr erfolgreich. Hier zunächst Gary Paxton als Flip des Duos Skip & Flip in der Aufnahme „Fancy Nancy“.

Was Gary Paxton als Komponist und Produzent schuf, würde man heute wohl mit dem Ausdruck ‚plastic‘, also ‚künstlich, synthetisch‘ bezeichnen. Hier ist nichts mehr von der spontanen Frische des Rock ‚n‘ Roll der Mittfünfziger Jahre. Die Songs waren berechnend zusammengebastelt mit einem einzigen Ziel: aus ihnen Hits zu machen. Ein Beispiel dafür ist die Aufnahme „Betty Jean“ von den Pledges.

1961 produzierte Gary Paxton die Instrumentalaufnahme „Like Long Hair“ mit Paul Revere & The Raiders, einer Gruppe, die Mitte der 60er Jahre in den USA sehr erfolgreich war.

Der Erfolg dieser Instrumentalaufnahme dürfte Kim Fowley 1962 veranlasst haben, ein Rock ‚n‘ Roll-Arrangement für ein Thema aus dem Bereich der klassischen Musik zu schreiben. Aus Tschaikowski’s ‚Nußknacker-Suite‘ machte er den „Nut Rocker“ und gab das als seine Komposition aus. Darauf angesprochen sagte Kim Fowley 1966 in einem Interview: „Es ist nur eine Frage des Copyright. Man muss sich eben mit den Bestimmungen auskennen. Ich schrieb das Arrangement und suchte mir ein paar farbige Session-Musiker. Wir nahmen ‚Nut Rocker‘ auf, und als es ein Hit wurde, fand ich eine weiße Gruppe, die wir dann als B. Bumble & The Stingers auf Tournee schickten.“

K.W.: So, nun wissen wir endlich, wie das lief. Schönen Dank und tschüß bis nächstes Mal.
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