Screaming Lord Sutch (10. November 1940 – 16. Juni 1999) war ein englischer Musiker und langjähriger Parlamentskandidat.
Sutch wurde in Nordlondon geboren. Sein Vater, ein Polizist der Kriegsreserve, kam bei einem Unfall ums Leben, als sein Sohn zehn Monate alt war. Seine Mutter, der er sehr zugetan war, war ein großer Dickens-Fan; sie taufte ihn David nach David Copperfield. Die meiste Zeit der folgenden 15 Jahre lebten sie in einer Wohnung in einer, wie er es nannte, ärmlichen Sackgasse in Kilburn, während sie als Putzfrau und Verkäuferin arbeitete. Samstagmorgens gingen sie ins Kino und in die Metropolitan Music Hall in der Edgeware Road, um sich zu amüsieren. 1956, nachdem David die Schule abgeschlossen hatte, zogen sie nach South Harrow, wo er Fensterputzer wurde.
Es war die Geburtsstunde der britischen Rockmusik; eine Zeit, in der junge und verzweifelte Menschen einen neuen Ausweg aus ihrer Not suchten. Sein, wie er es nannte, „wilder Mann-von-Borneo-Look“ brachte Sutch einen Auftritt als Sänger in der Two I’s Coffee Bar in Soho ein. Sein Stil entwickelte sich – oder besser gesagt, er stolperte – aus dem Mix aus Music Hall (er war ein Fan von Max Miller), Horrorfilmen, Grand Guignol, Groschenromanen, Slapstick und transatlantischem Pop. So gab ihm der afroamerikanische Rhythm-&-Blues-Sänger Screaming Jay Hawkins einen Namen und die Grundlage für seinen Auftritt.
1961 wurde er von dem neugierigen und zum Scheitern verurteilten Independent-Musikproduzenten Joe Meek entdeckt. „Ich machte Horror“, sagte Sutch in einem späteren Interview, „schrie und brüllte. Ich hatte 45 Zentimeter lange Haare und rannte mit Büffelhörnern und dem Leopardenmantel meiner Tante herum.“ Meek bemerkte Sutchs anderen Ansatz und fragte ihn, ob er eine Platte aufnehmen wolle. Sutch sagte zu und nahm mit einer Reihe (später) namhafter britischer Rockmusiker auf. Seine frühen Texte handelten von Ausweidungen und Friedhöfen, und einmal posierte Meek mit Sutch als Jack the Ripper nachts in Whitechapel. Beide Männer, so Sutch, waren von Horrorfilmen fasziniert. Doch er hatte keine wirklichen Hits.
Viele seiner Singles enthielten Texte mit offensichtlichen Horrorfilm-Motiven („Draculas Tochter“), und er nahm auch Coverversionen amerikanischer Hits wie „The Train Kept A-Rollin'“, „I'm A Hog For You“ und „Good Golly Miss Molly“ auf. Tatsächlich wurde seine Karriere 1963 vom Mersey-Boom überrollt. Damals ging er nach Stratford und engagierte sich für kommerzielles Radio, das Wahlrecht ab 18 Jahren, die Abschaffung der Hundesteuer und seinen Anteil am Rampenlicht – mit der Mischung aus natürlichem Witz und kindischer Naivität, die seine ziellose – oder dadaistische – Medienpräsenz kennzeichnete. Auftritte in ganz Europa, in kleinen Hallen und Pubs, sicherten ihm seinen Lebensunterhalt. Bei den Parlamentswahlen 1966 trat er in Huyton gegen Premierminister Harold Wilson an und erhielt 585 Stimmen.
Nachdem er in den frühen 60er-Jahren mehrere Singles veröffentlicht hatte, nahm er 1969 sein Debütalbum „Lord Sutch and Heavy Friends“ auf, das im darauffolgenden Jahr erschien. Es enthielt Beiträge einer All-Star-Besetzung mit Jimmy Page (der das Album auch produzierte) und John Bonham von Led Zeppelin, Gitarrist Jeff Beck, Session-Keyboarder Nicky Hopkins, Session-Gitarrist Deniel Edwards und Noel Redding, Bassist der Jimi Hendrix Experience. Einige Jahre später kandidierte er für die Young Ideas Party im britischen Unterhaus und 1974 für die Go To Blazes Party in Stafford und Stone.
Doch erst im darauffolgenden Jahrzehnt, mit dem Aufstieg des Thatcherismus, kandidierte Sutch erstmals für die Original Monster Raving Looney Party. Der Wahlkreis war Bermondsey, der Labour-Kandidat Peter Tatchell gewann gegen den Liberalen Simon Hughes. Sutch setzte sich für ein Denkmal für Tommy Steele ein – „die Bombe von Bermondsey und das einzig Anständige, was dieser Ort zu bieten hat“ – und erhielt 97 Stimmen. In der Zwischenzeit veröffentlichte er zwei weitere Alben: „Hands of Jack the Ripper“ (1972) und „Rock & Horror“ (1982). Seine gemeinsam mit Peter Chippindale verfasste Autobiografie „Life As Sutch“ erschien 1991.
Sutch kandidierte 39 Mal für das Parlament. So verlief ein Jahrzehnt, in dem – ungeachtet der nationalen Krise und der haarsträubenden Albernheiten des siegreichen Nachwahlkandidaten – stets Sutch oder sein Sidekick am Bildschirmrand zu sehen war, eine Shakespeare-Figur des Fernsehzeitalters. Es war ein großartiger Witz, doch der Zuschauer konnte sich nie ganz sicher sein, ob Sutch selbst mitspielte.
Sein letzter politischer Auftritt war die Nachwahl in Littleborough und Saddleworth 1995 (die OMRLP hatte nicht die finanziellen Mittel, um an den letzten Europawahlen teilzunehmen). Doch mehr als die Finanzen waren es wohl die unerträglichen Zeiten, die ihm schließlich den Rest gaben.
Sutch litt an Depressionen und nahm sich am 16. Juni 1999 im Haus seiner verstorbenen Mutter das Leben durch Erhängen. Bei der gerichtlichen Untersuchung sagte seine Verlobte Yvonne Elwood aus, er habe an einer manischen Depression gelitten, heute bekannt als bipolare Störung. Er ist neben seiner Mutter begraben, die kurz vor den Parlamentswahlen 1997 starb.
