Hallo,
so schrieb es Bertelsmann (1957) auf der Rückseite der EP nach # 5:
Sie ist eine der ganz Großen des Kabaretts. Ihr Ruhm überstrahlte schon in jugen Jahren selbst den einer Duncan und Mistinguette. Ohne zu übertreiben, darf man sie als erfolgreichste Chansonette der letzten Jahrzehnte bezeichnen. Es lohnt sich deshalb, einiges aus ihrem ereignisreichen Leben zu berichten: Ihr Geburtsort ist St. Louis (USA), wo sie als Tochter eines Spaniers und einer Negerin (*) das Licht der Neuen Welt erblickte. Das war 1906. Als Achtjährige stand Josephine bereits im Scheinwerferlicht eines Kabaretts des New Yorker Negerviertels Harlem. Dann trat sie in Operetten und Revuen auf. Nach dem ersten Weltkrieg war as Paris, wo sie in kürzester Zeit zum Weltstar avancierte durch die Erfindung des Charleston, der damals als Modetanz die ganze Welt im Sturm eroberte. Ihre knabenhafte Erscheinung und ihre Kleidung - ein Bananengürtel mit Federbehang — wurden einer Generation zum Inbegriff der Lebensfreude in einer hektischen Zeit, gleichzeilig ober auch für viele zum Ärgernis. Das puritanische England lehnte sie ab. In Belgrad empfingen sie eifersüchtige Ehefrauen mit Stinkbomben, in Warschau verbot ihr die Polizei die Einreise und 1929 schlugen in München national-soziatistische Elemente und konfessionelle Gruppen Radau. Josephine ging schließlich nach Amerika zurück, und es dauerte Jahre, bis Europa sie wiedersah.
Während des zweiten Weltkrieges wirkte sie erfolgreich in der Truppenbetreuung im Range eines Leutnants.1949 jubelten ihr die Pariser erneut zu, obwohl sie sich künstlerisch sehr gewandetl hatte, ohne dabei an Wirkung einzubüßen. Ein Jahr später faszinierte sie das Münchener Publikum. Es war die Stadt, wo ihr zwanzig Jahre zuvor ein engstirniger Magistrat Auftrittsverbot diktiert hatte. An diese Zeit denkt die Künstlerin heute nur noch mit Schmunzeln.
1927 erschienen Josephines Memoiren. Jetzt wird ihre Lebensgeschichte verfilmt. Josephine Baker hat sich stets darum bemüht, die Schranken und Vorurteile zwischen den Rassen zu beseitigen. Heute lebt sie eigentlich nur nash dieser Aufgabe. Seit 1945 wohnt sie auf ihrem Gut Los Milandos, dem ehemaligen Schloss des Kreuzriiters Gottfried von Bouillon in Südfrankreich, mit ihren Adoptivkindern, die verschiedenen Rassen und Konfessionen entstammen: Akio aus Korea, Luis aus Kolumbien, Moses aus Israel, Jeanne? aus Japan, Jerry aus Finnland, Jean-Claude aus Frankreich, Brahim und Marianne aus Algerien und ein Negerbaby von der Elfenbeinküste. Ihr Wohnsitz, zu dem eine riesige Bühne, Park und Schwimmbad gehören, ist fast schon zu einem Dorf angewachsen. Hier will die große Baker beweisen, dass Rassenprobleme Scheinprobleme sind. Weil sie für ihre Mission viel Geld benötigt, entschloss sie sich unlängst zu einer „endgültig letzten“ Tournee durch Westdeulschland. Diesem Entschluss verdanken wir die vorliegenden Aufnahmen, von denen das schlichte, ernsthafte Lied von den Regenbogenkindern die berühmte Chansonette einmal von einer ganz anderen Stile zeigt