Hallo Gerd,
dann schließe ich mich Deiner Disco und dem Prosit Neujahr an und füge hinzu wie es in der Literatur "Rebellinnen . Die Geschichte der Frauen in der Rockmusik" geschrieben steht:
Martha Reeves and the Vandellas waren Motowns nächste Hit-Lieferantinnen. Reeves und ihre Gruppe, die Del-Phis (Gloria Williams, Rosalind Ashford und Annette Sterling), hatten bereits auf zahlreichen Motown-Platten die Background-Stimmen gesungen, so z.B. auf Marvin Gayes Hits “Stubborn Kind of Fellow“ und “Hitch Hike“. Außerdem hatten sie einen Vertrag bei Check-Mate, einer Tochter von Chess Records, die eine Single der Gruppe herausbrachte. 1962 hatten die Del-Phis endlich Gelegenheit, eine Platte für Motown zu machen, als Mary Wells einen Aufnahmetermin verpasste und die Del-Phis einsprangen, um “There He Is (At My Door)“ aufzunehmen. Es gab allerdings Spekulationen, dass Wells die Aufnahme nur deshalb "verpasste", weil ihr der Song nicht gefiel. Da die Gruppe noch bei Chess unter Vertrag war, erschien die Platte unter dem Namen The Vels unter dem Motown-Label Melody (nicht mit dem Country-Label Melodyland zu verwechseln, das Motown in den siebziger Jahren gründete).
Wenn Wells absichtlich nicht zur Aufnahme erschienen war, hatte sie den richtigen Riecher bewiesen, denn “There He Is“ hatte keinen sonderlichen Erfolg in den Charts, und kurz nach der Veröffentlichung des Songs verließ Gloria Williams die Del-Phis.
Die Gruppe nahm dann noch einen Song auf, den Wells abgelehnt hatte: “I'll Have to Let Him Go“, und da sie nun bei Motown unter Vertrag waren, dachte sich Reeves einen neuen Namen aus. Sie kombinierte "Van" von der Van Dyke Avenue in Detroit mit "Della", dem Namen der Sängerin Della Rose und machte daraus die Vandellas. Das unter dem Gordy-Label erschienene “I'll Have to Let Hirn Go“ war zwar wieder ein Flop, doch die dritte Single der Gruppe, der 1963 erschienene Titel “Come and Get These Memories“ schaffte den Sprung in die Top 30, und im Sommer desselben Jahres kam die Gruppe mit “Heat Wave“ in die Top 10. Die Veröffentlichung von “Heat Wave“ fiel zufällig mit einer tatsächlichen Hitzewelle zusammen, und der Song erreichte # 4 der Pop-Charts und # 1 der R&B-Charts. Doch mit seinen lebhaften, rockigen Tanzrhythmen wäre der Song bestimmt auch zu jeder anderen Jahreszeit ein Hit geworden. An diesen Erfolg schloss die Gruppe mit “Quicksand“ gleich noch einen Top 10-Hit an, der Anfang 1964 # 8 erreichte.
Nach den beiden weniger erfolgreichen Platten “Live Wire“ und “In My Lonely Room“ landeten die Vandellas im Herbst 1964 mit “Dancing in the Street“ wieder in den Top 10. Reeves hatte auf einem Demo gesungen, das für eine andere Motown-Sängerin, Kim Weston, vorgesehen war. Doch als Weston den Song ablehnte, durften die Vandellas ihn offiziell aufnehmen und veröffentlichen. Der Song erreichte # 2 und war somit ihr größter Erfolg bei Motown. “Dancing in the Street“ verursachte einigen Aufruhr, da manche Leute den Song zu Reeves' Verwunderung als Krawall-Aufruf an die Schwarzen interpretierten. „Mein Gott, es war ein Party-Song!“ sagte sie zu Gerri Hirshey, und obwohl ein paar Radiosender den Titel boykottierten, schien doch eine große Mehrheit Reeves Meinung zu teilen. Bei all ihrem Erfolg beschlich die Gruppe jedoch auch ein Gefühl von Unzufriedenheit. 1964 entwickelten sich die Supremes zu einer ganz großen Nummer, und die Vandellas kamen mit ihren beiden Top 40- Hits in diesem Jahr nicht gegen die vier Top 40-Hits (darunter drei auf # 1) der Supremes an.
Vor allem Reeves war der Auffassung, dass sich die Erfolgsaussichten der Vandellas verschlechterten, weil zu viel Energie in die Supremes investiert wurde. So wurde z.B. ihr Song “Jimmy Mack“ (1967 ein Top 10-Hit) fast zwei Jahre lang nicht veröffentlicht, weil er angeblich zu große Ähnlichkeit mit den Aufnahmen der Supremes hatte. Und obwohl die Vandellas z.B. mit “Nowhere to run“ (1965), “I'm Ready for Love“ (1966) und “Honey Chile“ (1967) nach wie vor Erfolge in den Charts hatten, waren diese Hits doch zu unregelmäßig, als dass sie zur Weiterentwicklung der Gruppe beigetragen hätten.
Auch eine Reihe personeller Veränderungen erschwerte eine gewisse Kontinuität innerhalb der Gruppe: Annette Sterling verließ die Gruppe 1963 und wurde von Betty Kelly (von der Motown-Gruppe Velvelettes) ersetzt, Kelly ging 1968 und wurde von Reeves' Schwester Lois ersetzt, und Rosaling Ashford ging 1970 und wurde von Sandra Tilley, ebenfalls eine Velvelette, ersetzt.
Trotz dieser Schwierigkeiten, und obwohl ihr Motowns Verhalten gegenüber der Gruppe nach wie vor missfiel, hielt Reeves durch. Sie hegte den Verdacht, dass man den Vandellas Songs gab, die die Supremes abgelehnt hatten. Das gleiche Misstrauen brachte sie auch dem Buchhaltungssystem der Firma entgegen. „Ich glaube, ich war der erste Mensch bei Motown, der fragte, wo denn das Geld hingeht“, erzählte sie Gerri Hirshey. „Ob ich es herausfand? Sie sind lustig, ich fand lediglich den Weg zur Tür hinaus.“ dass sich die Gruppe 1967 in Martha Reeves and the Vandellas umtaufte (nach dem Muster anderer Motown-Gruppen, die ihre Leadsängerin besonders hervorhoben, z.B. Diana Ross and the Supremes), änderte am Schicksal der Vandellas auch nicht mehr viel. Nach “Honey Chile“ hatte die Gruppe keine weiteren Hits in den Top 40. Die Vandellas lösten sich 1971 auf, und Reeves wird seitdem als Oldie gehandelt, genauso wie die unzähligen Varianten der Vandellas, die auf dem Markt sind.
Reeves und die Vandellas waren nicht die einzigen Künstlerinnen bei Motown, die sich durch den Erfolg der Supremes zurückgesetzt fühlten. Auch die Velvelettes, Brenda Holloway und Kim Weston fühlten sich übergangen. Die Velvelettes - Carolyn und Milly Gill, Bertha und Norma Barbee sowie Betty Kelly - kamen durch Gordys Neffen Robert Bullock, der mit zwei Bandmitgliedern an der Western Michigan University studierte, zu Motown. In den Charts waren ihre Singles nicht besonders erfolgreich. Ihre höchstplatzierte Single, “Needle in a Haystack“, erreichte nur # 45, die Titel “There He Goes“ und “He Was Really Sayin' Something“ schafften es nicht einmal bis dorthin, obwohl letzterer in den R&B-Charts immerhin # 21 erreichte und in den achtziger Jahren in Großbritannien sogar ein # 5-Hit für Bananarama wurde. „Motown war produktorientiert, d.h. hauptsächlich an Ergebnissen interessiert und nicht so sehr an den Mitteln, mit denen man diese Ergebnisse erzielen konnte“, sagte Carolyn Gill gegenüber Charlotte Grieg - und beklagte sich damit über die typische Einstellung einer Plattenfirma zu ihren Girl Groups - ob die Firma nun in New York oder Detroit war, spielte keine Rolle.
Grüße zum Neuen Jahr
Heino