In London

 
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In London

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Gepostet: 16.04.2006 - 16:43 Uhr  ·  #1
...in London

Am 9.September war es soweit! Die Spotnicks betraten zum ersten Mal in Ihrem Leben ein richtiges Studio. Bislang hatten sie ja alle Aufnahmen mit ihren eigenen Tonbändern getätigt, meistens bei ihrem Freund Gunnar in der Fabrik. Und nun sahen sie sich professionellen Aufnahmetechnikern gegenüber. Die Aufregung war verständlicherweise groß. Doch zeigte es sich, daß die Spotnicks ihr Handwerk perfekt verstanden. Etwa drei Viertel der 14 Aufnahmen für die erste LP wurden in ganzen 17 Stunden eingespielt, die Session fing nachmittags um halb drei an und dauerte bis zum anderen Morgen um halb acht. Als die Spotnicks das Studio verließen, war gerade der Milchmann unterwegs. Diese Session galt damals als einmalig und unvorstellbar.

Diese LP wurde zunächst nur in England veröffentlicht, unter dem Titel OUT-A' SPACE (The Spotnicks in London). Auf dem Cover waren die Spotnicks in ihren neuen Raumanzügen auf dem Piccadilly Circus zu sehen. Zu den neuen Aufnahmen gehörten einige, die sie schon vorher daheim aufgenommen und auf Schallplatte herausgebracht hatten, wie „The Spotnicks' Theme", „Ol' Man River" oder „Thundernest". Auch „High Flying Scotsman" wurde neu arrangiert, ein Tribut der Spotnicks an ihre schottischen Fans. „Moonshot" war vorher schon durch die Fireballs bekannt geworden, nur hieß es da „Gun Shot" und ihr Sologitarrist George Tomsco hatte es geschrieben. „Dark Eyes" muß damals wohl eine besondere Anziehungskraft gehabt haben, denn nicht nur die Spotnicks spielten es. Zwei Titel stammten aus der Feder von Björn Thelin und waren jazzig angehaucht, „Nightcap" und „No Yaga Daga Blues". Björn spielte hier die akustische Sologitarre, während Bob auf dem Bass und Bo die Rhytmusgitarre spielte.
Zwei der Titel dieses Albums waren schon vorher aufgenommen und in England herausgebracht worden. „Orange Blossom Special" war der erste Hit der Spotnicks auf der Insel, er hielt sich über 10 Wochen zwischen Juni und August in den Charts und erreichte immerhin Platz 29. Erwähnenswert ist bei diesem Titel, daß er nur von Bo Winberg allein gespielt wurde, aufBass-, Rhytmus- und Sologitarre, das Schlagzeug fehlte ganz. Die Melodie hatt Bo allerdings langsamer aufgenommen und schneller abgespielt. Platz 35 erreichte auch die folgende Single mit „Rocket Man", die im Herbst erschien. „The Rocket Man" beginnt mit einem Knall und dann hört es sich an, als ob eine Rakete startet. Die Aufnahme haben die Spotnicks in Bos Haus gemacht. Mit Blechkanistern wurde der Krach erzeugt und das starten der Rakete durch Übersteuerung der Verstärker und Tonbänder.

Der größte Erfolg der Spotnicks in England wurde Anfang des Jahres 1963 ihr `hausgemachtes' „Hava Nagila". Im Februar erreichte die Single - auf der Rückseite war die neue Version von „High Flying Scotsman" - Platz 13. Zur gleichen Zeit tummelten sich einige andere Intrumentals in den Hitlisten, beispielsweise „Diamonds" von Tony Meehan & Jet Harris, „Globetrotter" von den Tornados, „Sukiyaki" mit Kenny Ball & His Jazzmen, Duane Eddys „Boss Guitar" und die Shadows stürmten mit „Foot Tapper" (aus dem Cliff-Film 'Summer Holiday') wieder Platz 1. Der israelische Traditional war also in guter Gesellschaft, außerdem darf wohl bemerkt werden, daß gerade in dieser Zeit die Instrumentals, insbesondere Gitarrentitel, eine Blütezeit erlebten. So viele gesanglose Platten waren noch nie in den Charts. Der Erfolg von „Hava Nagila" veranlaßte die Spotnicks, den Titel in London neu mit Chor und Streicher aufzunehmen. Erstaunlich war, daß diese neue Version in Deutschland erfolgreicher werden sollte als das Original.
Zur gleichen Zeit rutschte das Album OUT-A' SPACE unter die Top 20 der englischen LP-Charts. Diese Erfolge brachten die Spotnicks auch ins Fernsehen und in die Radioanstalten. In Shows wie 'Thank You Lucky Stars', `Parade Of The Pops' oder 'Saturday Club' waren die Spotnicks zu sehen oder zu hören. Auch der Film meldete sich. In `Just For Fun' sangen die Spotnicks in ihren mittlerweile berühmten Raumanzügen den Traditional „My Bonnie", die Szene wurde allerdings daheim in Göteborg aufgenommen. Die Stars dieses Films waren Mark Wynter und Bobby Vee. Dazu kamen bekannte Interpreten wie Tony Meehan & Jet Harris, die Tornados (mit „All The Stars In The Sky"), der Sounds Incorporatet (mit „Go"), Freddy Cannon, die Crickets, Brian Poole und Karl Denver. Hierbei handelte es sich um einen Musikfilm, wie er zu Dutzenden in jener Zeit, auch in Deutschland, gemacht wurde. Nach „Hava Nagila" gabe es für die Spotnicks noch einen vierten Hit in den Charts mit dem Frank-Ifield ¬Song „Just Listen To My Heart" und „Pony Express" auf der Rückseite. Diese Single erreichte Platz 23 im April. Eine weitere Englandtournee folgte ebenfalls in diesem Frühjahr.

Immer wieder war in der englischen Presse davon zu lesen, die Spotnicks würden den Shadows-Sound kopieren, und man bescheinigte ihnen in dieser Hinsicht sogar einen gewissen Erfolg, der sicherlich größer war als das, was die einheimischen Gruppen zustande brachten. Allerdings ist schwer einsichtig, wo die Gemeinsamkeiten liegen sollten, außer, daß beide Gruppen bevorzugt Instrumentals spielten. Im Interview mit Gerd Alzen beschrieb Bo Winberg seinen Sound als ziemlich dünn, die Höhen sind stärker betont als die Bässe. Im Gegensatz dazu mag man an Duane Eddy denken, der in seinem Twangsound gerade die Bässe hervorgehoben hat. Auch die Shadows haben sich anfangs an Duane Eddys Sound orientiert. Dazu kommt der stärkere technische Einsatz bei den Spotnicks durch Echo- und Hallgeräte, um die Illusion eines Weltraumklanges zu erzeugen. Des weiteren unterscheiden sich Spotnicks und Shadows im Material, daß sie für Ihre Titel benutzten. Die Shadows haben viele Songs selbst komponiert, während sich die Spotnicks zunächst fast ausschließlich der Country & Westernmusik und der nationalen Folksongs annahmen,und das zu einer Zeit, als gerade diese Musikrichtung bei den Popmusikfans sehr belächelt wurde. Wie eingangs schon erwähnt, hat jede Gruppe ihren eigenen Sound gefunden, und zum anderen hat auch keine Gruppe die
großen Hits der anderen Gruppe nachgespielt, zumindest in dieser Zeit nicht.

Aber eine weitere Gemeinsamkeit sei noch erwähnt. Beide Gruppen spielten anfangs bevorzugt auf Fendergitarren. Bo benutzte - und das auch noch heute -eine Fender Stratocaster, die er sich immer direkt in Amerika kaufte, solange sie dort noch gebaut wurde.

Während ihrer großen Erfolge in England lernten die Spotnicks einen englischen Gitarristen kennen und schätzen, es war Bruce Baxter, der mittlerweile sein eigenes Orchester gegründet hat. Sie trafen Bruce zum ersten Mal während einer ihrer Shows, ein zweites Mal während einer TV-Show, als er in einer Begleitgruppe für irgendjemanden auftrat. Björn kam ganz aufgeregt an und holte die anderen drei, sie sollten sich einmal anhören, was da jemand so vor sich hin spielte in der Pause. Bruce hatte sich in einem Raum zurückgezogen und spielte „Orange Blossom Special" so schnell wie auf der Spotnicksplatte, aber ohne Trick. Später kam Brucesogar nach Schweden und vertrat Bo Winberg auf einer Tournee, als dieser krank war. 1963 wurde Bo ebenfalls von einem 17-Jährigen Schweden namens Torgny (Todde) Stoor vertreten, und dieser sollte später noch einmal einer Spotnicksformation angehören.
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