OTTO DOBRINDT

 
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OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 13.12.2012 - 22:54 Uhr  ·  #1
Hallo,

von Wien wieder nach Berlin:

DOBRINDT, OTTO * 24.08.1886 in Henkendorf, + 13.09.1963 in Berlin, Orchesterleiter mit einem enormen Gesamtwerk,
1925 Lindström-Odeon, auf jeder zweiten blau- oder rotetikettierten Odeon-Schallplatte ist der Kapellmeister vertreten,
davor Militärkapellmeister u. erst auf Umwegen kommt er zur Schallplatte, Gloria, Columbia, Electrola,

1925 wird er vom LINDSTRÖM-Konzern für die Abteilung "Tanzmusik" mit der Aufgabe verpflichtet, ein hauseigenes Tanzorchester aufzubauen, Ergebnis: SAXOPHONORCHESTER DOBBRI-zwischen 1925-32 werden weit über 1.000 Aufnahmen produziert, auch für den Schallplattenmarkt der deutschen Nachbarländer, die ersten Aufnahmen werden noch direkt in den Schalltrichter hinein aufgenommen,
so wie beim Militär sind auch die Zeiten in den Aufnahmestudios nicht gerade rosig, es gibt nur einige wenige Spitzenmusiker, die ständig in den Studios zur Verfügung stehen, der Rest wird per Telefon o. über die Musikerbörse herbeigerufen-einen derart "bunten Haufen" ständig zu einer harmonischen, musikalischen Einheit zu formen, verlangt die gewisse militärische Autorität, die OTTO DOBRINDT ausstrahlt,
in den 20er u. den frühen 30er Jahren kann sich DOBRINDT das enorme Arbeitspensum mit Dr. FRIEDER WEISSMANN teilen, dieser war hauptsächlich für die klassische Sparte zuständig, bis er 1933 emigrierte u. OTTO DOBRINDT nun auch seinen Part von 1933 bis in die 50er Jahre übernimmt,
weitere Aktivitäten: OTTO DOBRINDT’s Klavier Symphoniker, Orchester OTTO DOBRINDT bei Lied der Zeit u. Radiophon, Orchester des Deutschen Opernhauses, Streichorchester Berlin, Unterhaltungs Orchester,
1935 auf Senderreise unter seiner Leitung mit dem WIENER BOHÈME-ORCHESTER,
OTTO DOBRINDT dirigiert alles, was ihm vor den Taktstock kommt u. alles nach nur kurzer Probenzeit, auch dazu ist der gewisse militärische Drill erforderlich-viele seiner Musiker nennen ihn "den schwarzen Mann",
als Anfang der 30er Jahre der Schallplattenriese EMI gegründet wurde, vereinen sich unter einem Dach Odeon, Parlophon (bis 1932), Gloria, Columbia u. Electrola u. es werden laufend Pseudonyme eingeführt, um den Käuferschichten einen größeren Künstlerstamm vorzutäuschen,
für Odeon entstehen Aufnahmen unter EDDIE SAXON u. dem Columbia Tanzorchester, beides Pseudonyme von OTTO DOBRINDT,

Ende 1930 wird bei Gloria das Tanzorchester ERIC HARDEN gegründet, dieses Phantom-Orchester ist ein Pool für mehrere Orchesterleiter: OTTO DOBRINDT, HANS BUND, FRED BIRD-ab 1933-38 allein unter der Leitung von OTTO DOBRINDT mit ca. 500 Aufnahmen,
gleichzeitig veröffentlicht er unter HORST von der PLAT u. ROBERT RENARD Schallplatten auf dem Odeon-Label, unter letzterem werden vorwiegend singende Tonfilmstars bei ihren Schallplattenversuchen begleitet,
alle fiktiven Orchester vertreten einen eigenen Stil,
1939 zu Kriegsbeginn wird er am Berliner Rundfunk musikalischer Leiter der regelmäßig stattfindenden Wehrmachts-Wunschkonzerte,
1942 Odeon-Künstlerorchester,

1946 steht er am Berliner Rundfunk dem Großen Rundfunk Orchester mit allerersten Solisten der Städtischen Oper und der ehemaligen Staatsoper Unter den Linden vor,
das Große Rundfunk Orchester Berlin wird weiterhin von ADOLF FRITZ GUHL u. ADALBERT LUTTER geleitet,
außerdem ist OTTO DOBRINDT mit dabei, als 1947 die gerade frisch gegründete ostdeutsche Plattenfirma Amiga ihren Betrieb aufnimmt,
nach Kriegsende übernimmt er die Leitung des Berliner Rundfunk Orchesters mit der Spezialisierung auf leichte Klassik u. gehobene Unterhaltung u. dasselbe auch noch zeitgleich mit dem Leipziger Rundfunk Orchester, hinzu kommen eine Unmenge von Schallplattenaufnahmen für Amiga u. Eterna,
außerdem gibt es eine ganze Reihe von Kompositionen, die OTTO DOBRINDT mit den Rundfunk-Sinfonie-Orchestern der Sender Leipzig u. Berlin aufgenommen hat,

1960 kann OTTO DOBRINDT auf sein 35 jähriges Wirken als Rundfunkdirigent zurückblicken,
die Haupttätigkeit des Dirigenten lag auf dem Gebiet der so genannten gehobenen Unterhaltungsmusik sowie der klassischen u. der modernen Operette, seine Karriere war unmittelbar mit den Medien Rundfunk u. Schallplatte verbunden,
1961 muss er seine Arbeit in Ostdeutschland aufgeben, die Anzahl seiner Titel für den Rundfunk u. die Schallplatte ist unzählbar u. beträgt sicherlich mehr als 10.000 Stück

DOBRINDT’s Klavier Symphoniker, OTTO (OTTO DOBRINDT)

Abb. 3 - Großes Orchester des Berliner Rundfunks

Gruß
Dietrich
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 13.12.2012 - 23:00 Uhr  ·  #2
Zitat
1939 zu Kriegsbeginn wird er am Berliner Rundfunk musikalischer Leiter der regelmäßig stattfindenden Wehrmachts-Wunschkonzerte,
1942 Odeon-Künstlerorchester,

1946 steht er am Berliner Rundfunk dem Großen Rundfunk Orchester mit allerersten Solisten der Städtischen Oper und der ehemaligen Staatsoper Unter den Linden vor,
das Große Rundfunk Orchester Berlin wird weiterhin von ADOLF FRITZ GUHL u. ADALBERT LUTTER geleitet,
außerdem ist OTTO DOBRINDT mit dabei, als 1947 die gerade frisch gegründete ostdeutsche Plattenfirma Amiga ihren Betrieb aufnimmt,


...so zackig wirkt auch das erste Foto oben (oh weija, er dirigierte mit NSDAP-Abzeichen auf dem Revers)..........

dann mal los, Herrrrrr Kapellmeister.
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 13.12.2012 - 23:21 Uhr  ·  #3
Welch ein Wahnsinn: einer wie Dobrindt mit Orchester hinter dem
armen Joseph Schmidt, einem Nazi-Opfer.
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Re: Otto Dobrindt

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Gepostet: 14.12.2012 - 00:48 Uhr  ·  #4
Zitat geschrieben von Dietrich Heitz

in den 20er u. den frühen 30er Jahren kann sich DOBRINDT das enorme Arbeitspensum mit Dr. FRIEDA WEISSMAN (???) teilen, dieser war hauptsächlich für die klassische Sparte zuständig, bis er 1933 emigrierte u. OTTO DOBRINDT nun auch seinen Part von 1933 bis in die 50er Jahre übernimmt,


Das ist nicht Frau Frieda, sondern Dr. FRIEDER WEISSMANN (1893 - 1984):

http://de.wikipedia.org/wiki/Frieder_Weissmann

Mehr als der Wiki-Link dürfte bei diesem beinahe rein klassischen Dirigenten (mit Ausnahme einiger Walzer und Salonstückchen als ungenannter Leiter des "Wiener Boheme-Orchesters" auf Odeon, und einiger von Opernstars dargebotenen Tonfilmschlager) hier im Forum unnötig sein.

Gruß aus Berlin,

Chris
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 14.12.2012 - 01:06 Uhr  ·  #5
Zitat geschrieben von Dieter Moll
Welch ein Wahnsinn: einer wie Dobrindt mit Orchester hinter dem
armen Joseph Schmidt, einem Nazi-Opfer.


Fast noch bizarrer ist, dass Dobrindt auf dieser LP namentlich genannt wird - üblicherweise waren schon die Nachkriegs-Schellackpressungen ziemlich "wortkarg", was nazibelastete Dirigenten und Begleitensembles angeht (ebenso wie seit 1933 jüdische Mitwirkende an älteren Aufnahmen gern "diskret" auf den Labels weggelassen worden waren). Der Großteil der kommerziellen LP- und CD-Ausgaben kam und kommt ja leider ganz ohne Nennung solcher "Nebensächlichkeiten" aus, gerade wenn es um schöngefärbte Erinnerung an einen "legendären Star" geht. Also einerseits ein verhaltenes "Bravo" für die Gewissenhaftigkeit, aber warum man dann für ausgerechnet Dobrindt so herausstellt (der wahrscheinlich bloß an einigen Tracks beteiligt war, denn Schmidt hat viele Titel in Wien aufgenommen, fern vom Berliner Studio und dessen Stammdirigenten), ist schon befremdlich. Vielleicht ein Versuch, möglichst breite Zielgruppen anzusprechen, nach dem Motto "Wem einer der beiden Herren irgendwie suspekt ist, wird sich vielleicht um so lieber an den Anderen erinnern"?!

Chris
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 14.12.2012 - 01:10 Uhr  ·  #6
Übrigens: Unter Dobrindts allerersten Nachkriegsplatten von 1946-47 sind kommunistische Kampflieder, bei denen er Ernst Busch begleitet. Vielleicht doch ein Vorfahr von Gottlieb Wendehals??!

Chris
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 14.12.2012 - 12:06 Uhr  ·  #7
der Kommunismus hat ihm aber nicht allzuviel Glück gebracht. Schließlich war sein Grundstück
genau auf der Grenze im Norden von Berlin, eine Seite Westen - andere Seite Osten.
Somit wurde er beim Mauerbau enteignet.

Gruss Billy
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 14.12.2012 - 12:35 Uhr  ·  #8
Vielen Dank für Anmerkungen und berechtigte Kritiken. Ich bitte aber um Nachsehen, denn für mich stand das enorme musikalische Werk im Vordergrund. Bei allen Interpreten und Musikern kann ich die politische Gesinnung nicht hinterfragen.

Gruß
Dietrich
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 14.12.2012 - 13:56 Uhr  ·  #9
So böse war's doch gar nicht gemeint, Dietrich! Hier sollten alle für den Plattensammler bedeutsamen Figuren gleichberechtigt ihren Platz haben, egal ob rot, grün, braun oder kariert - das musikalische Talent richtet sich ja zum Glück ebensowenig nach dem Parteibuch wie nach der Hautfarbe! Ich finde Dobrindts Karriere einfach kurios im Kontext der Zeitgeschichte: Kaum ein anderer hat sich so von Weimar übers III. Reich und die frühe DDR bis zum Ruhestand in Westberlin durchgeschlängelt und sozusagen alle "Moden" musikalisch wie politisch mitgemacht. Die musikalischen Ergebnisse waren zwar selten genial, aber immer solide Kapellmeisterarbeit. Heutzutage wäre es nur schwer vorstellbar, einen Max Raabe Opernarien dirigieren zu lassen, André Rieu mit einem flotten Charleston oder Roger Cicero mit einem eleganten Strauß-Walzer wünscht man sich ebensowenig - lauter schmalspurige Spezialisten im Vergleich zur "alten Schule". Insofern ziehe ich immer meinen Hut vor Allroundern wie Dobrindt, bitte also die etwas sarkastischen Bemerkungen über sein Privatleben nicht mißzuverstehen!

Chris
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 14.12.2012 - 14:19 Uhr  ·  #10
Hallo Chris,

vielen Dank für Deine ergänzenden Ausführungen.

Gruß
Dietrich
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 16.12.2012 - 13:05 Uhr  ·  #11
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Re: OTTO DOBRINDT

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Gepostet: 19.12.2012 - 19:29 Uhr  ·  #12
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