Thorsten,
fern seien mir die roten "Klassenkämpfer" oder gar ihre braunen Zwillingsbrüder, in deren Ecke man ja auch gern gesteckt wird, wenn man es wagt, als Deutscher auch "typisch deutsche" Musik/Literatur/Filme gut zu finden....
Ich habe nichts gegen "McDonald's", weder im Wortsinn als Freßbude noch im übertragenen Sinn, obwohl ich selten davon Gebrauch mache! Überall auf der Welt amerikanische Billigburger bekommen zu können, wenn einem der Sinn danach steht, finde ich genausowenig verwerflich wie die zum Glück ja auch fast überall reichlich vorhandenen italienischen, chinesischen, türkischen oder thailändischen Lokale und Spezialitätenläden - in London, Paris oder Hongkong freut man sich ja andererseits auch, wenn man ein "deutsches" Bierlokal entdeckt und das auch noch bei den Einheimischen beliebt ist.
Nichts ist schlimmer als die Art von Brutal-Patriotismus, die alles "Fremde" verachtet und unterdrückt. Ebenso schade finde ich es aber halt auch, wenn ich mir (dank Internet) z.B. Radiosendungen aus aller Welt ins Haus holen kann und dann feststellen muß, daß die Nachrichten und Stationsansagen manchmal das Einzige sind, woran ich einen "exotischen" Sender erkenne, an Musik läuft aber derselbe Schnee von Britney Spears bis Michael Jackson wie überall sonst. Das ist doch wirklich eine "Verarmung" im von Améry angesprochenen Sinne - nicht weil das Gebotene unbedingt schlecht ist, sondern weil es an Vielfalt mangelt und die "nationale Note" verlorengeht.
Deutscher R'n'R und deutscher Beat werden doch auch an der Stelle erst richtig spannend, wo nicht nur internationale Bands und Titel mehr oder weniger gut "geklont" werden, sondern ein ganz eigener Stil mit kreativen Ideen dabei herumkommt, und die "typisch deutsche" Art Musik zu machen nicht mehr ein Mangel, sondern Teil eines neuen Stils wird.
Und auch der oft gescholtene Schlager, so wie er bis in die 70er Jahre betrieben wurde (bevor er zu international kompatibler Billig-Disco-Musik mit deutschen Texten verkam), gehört ebenso untrennbar und "typisch" zu Deutschland, wie die Chansons einer Francoise Hardy oder eines Aznavour zu Frankreich, Hans Moser zu Österreich, oder die Dubliners zu Irland - diese "lokale" Farbe (analog zu "Zeitgeist" müßte man vielleicht "Ortsgeist" sagen) macht diese und vergleichbare Musikrichtungen (für mich zumindest) interessant, ganz unabhängig vom Genußwert einzelner Titel und Sänger.
Alle Klarheiten beseitigt?
Chris