Hallo
und hier der Text:
Big Joe Turner (Joseph Vernon Turner Jr.) * 18. Mai 1911 in Kansas City/Missouri, + 24. November 1985 in Inglewood/Kalifornien an Nierenversagen, dominierte als Shouter die Szene durch seine Körpergröße, eine starke beeindruckende Bariton-Stimmlage und Eigenkompositionen.
Schon in der Frühphase seiner Karriere traf er mit dem Boogie Woogie-Pianisten und Komponisten Pete Johnson zusammen, der ihn 13 Jahre lang begleiten sollte. Seine Schallplattenkarriere begann 1938 mit Aufnahmen für das Vocalion-Label, u.a. mit ”Roll 'em Pete”. Ebenfals 1938 war er mit seinem pianisten Teil einer Spirituals to Swing-Show in der New Yorker Carnegie Hall, in der Größen wie Big Bill Broonzy, The Golden Gate Quartet, Count Basie und Sonny Terry auftraten.
Mitte der 40er Jahre kam es zu ersten Charts-Einträgen, zunächst für Vocalion Records und Decca Records. 1945-1947 unterschrieb er bei National Records und anschließend bei Aladdin Records (u.a. Duett-Aufnahme ”Battle Of The Blues” mit Wynonie Harris). Weitere unbedeutende Einsätze hatte er dann bei verschiedenen Independent Labels. So richtig in Fahrt kam seine Blues Shouter-Laufbahn 1951 nach einer Vertragsunterzeichnung mit dem Atlantic-Label von Ahmet Ertegun. Die Besitzer des Labels konnten ihn verpflichten, nachdem sie ihn im New Yorker Apollo Theatre als Ersatz-Sänger im Count Basie Orchestra gehört hatten.
1950 ”Still In The Dark” # 9 Freedom 1531
1951 ”Chains Of Love” # 2 Atlantic 45-939
1951 ”The Chill Is On” # 3 Atlantic 45-949
1952 ”Sweet Sixteen” # 3 Atlantic 45-960
1953 ”Honey Hush” # 1, 1957 von Jerry Lee Lewis gecovert Atlantic 1001
1954 ”TV Mama” # 6 (Piano: Fats Domino) Atlantic 1016
1954 ”Shake, Rattle And Roll” # 1 Atlantic 1026
”Well All Right” # 9 Atlantic 1040
1955 ”Flip Flop And Fly” # 2 Atlantic 1053
1955 ”Hide And Seek” # 3 Atlantic 1069
1956 ”The Chicken And The Hawk” # 7/
”Morning, Noon And Night” # 8 Atlantic 1080
1956 ”Corrine Corrina” # 2 & The Cookies (Pop # 41) Atlantic 1088
1956 ”Rock A While” # 12/
”Lipstick, Powder And Paint” # 8 & The Cookies Atlantic 1100
1957 ”Love Roller Coaster” # 12 Atlantic 1146
1958 ”Jump For Joy” # 15 (Saxophon: King Curtis) Atlantic 1184
Legendär sind die Einspielungen ab Anfang 1954 (”Shake, Rattle And Roll”) unter der Leitung von Jerry Wexler. Dank dieser Phase wurde Joe Turner noch zur Mitte seiner Karriere vom Blues-Interpreten zum Rock’n’Roller umgewandelt. Mit der Vielzahl der Hits und deren guter Platzierungen landet Big Joe Turner, "The Boss of the Blues", unter den Top 20 Artists der 50er Jahre auf dem 8. Rang, z. B. noch vor den Größen wie Ray Charles, Little Richard, Chuck Berry und Nat "King" Cole.
1983 wurde Big Joe Turner in die Blues Hall of Fame aufgenommen. 1987 wurde er zurecht wegen seiner frühen Einflüsse auf den Rock’n’Roll in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen, denn eine Vielzahl seiner Hits wurden teilweise noch Jahre später erfolgreich gecovert und in die Popcharts gebracht wie
1954 ”Shake, Rattle And Roll” # 7 Bill Haley & His Comets
1956 ”Chains Of Love” # 10 Pat Boone
1961 ”Corrine Corrina” # 9 Ray Peterson
Weiterhin wurde eine Vielzahl der Joe Turner-Titel in das Repertoire von Jerry Lee Lewis aufgenommen, u.a. ”Honey Hush”, ”Shake, Rattle And Roll”, ”Flip Flop And Fly” oder ”Corrine Corrina”. Letzterer Titel lief als deutsche Cover-Version von Peter Beil die Hitparaden "rauf und runter".
Aber hier gibt es einen Einwand:
Die Originalversion dieses sehr bekannten Liedes ”Corrine Corrina” stammt von Bo Chatmon, der sich Bo Carter nannte. Er wurde am 21. März 1893 in Bolton/Mississippi geboren. Im November 1928 nahm der Bluessänger der ersten Generation dieses Lied zum ersten Mal auf Brunswick 7080 auf. Zu seinen Begleitmusikern gehörten sein Bruder Lonnie Chatmon, Charlie McCoy (der Erste) und Walter Vincson. Joe Turner, der mit diesem Song immer wieder in Verbindung gebracht wird, hat ”Corrine Corrina” zum ersten Mal am 13. Juni 1941 in New York, zusammen mit der Art Tatum Band, aufgenommen.
Der Titel ”Lipstick, Powder And Paint” feierte 1985 mit dem britischen Rock’n’Roller Shakin’ Stevens ein Comeback.
Von der Prüderie des weißen Bürgertums der 50er Jahre wurden die Titel, die voller sexueller Bezüge und Wortspielereien waren, teilweise derart verbannt, dass sie von den weißen Rundfunkanstalten nicht gesendet wurden. Joe Turner’s ”Shake, Rattle And Roll” ist dafür ein gutes Beispiel, denn textlich spielt sich die Thematik seines Songs im Schlafzimmer ab, während die geglättete Hausfrauen-Version des Bill Haley-Covers die Texthandlung in die Küche verlagert.
Aber um diesen Titel rankt sich auch eine deutsche Episode. Ende November 1956 wurde in Leipzig für eine ostdeutsche Amiga-Produktion mit ”Sim-Simsalabim” nicht nur eine deutschsprachige Version von ”Shake, Rattle And Roll” eingespielt, sondern damit auch ein sehr früher Rock’n’Roll, gesungen vom Berliner Werner Hass in Begleitung von Kurt Henkels und dem Rundfunk-Tanzorchester Leipzig. Mit Jahren der Verspätung kam damit Schwung in die seichte deutsche Schlagerlandschaft. Der Titel mußte eingedeutscht werden, da das Singen amerikanischer Texte in der DDR-Kultur nicht erwünscht war.
Gruß
Dietrich