Nach Berendt/Huesmann:
Im Laufe der sechziger Jahre mündete das Erbe der schwarzen Spiritual und Gospel-Tradition immer spürbarer in den Hauptstrom weiblichen Gesangs. Der weißen Welt war dieses Erbe durch die Aufnahmen der 1972 verstorbenen Mahalia Jackson bewusst geworden, aber Mahalia war nur eine der vielen großartigen Sängerinnen der afroamerikanischen religiösen Musik.
Andere sind Dorothy Love Coates, Marion Williams, Clara Ward, Bessie Griffin, Queen Esther Marrow. Als Soulmusik mündete die Gospeltradition in die populäre Musik - repräsentiert von Sängerinnen wie Tina Turner, Diana Ross, Chaka Khan und vor allem von Aretha Franklin. Aretha hatte - als Tochter des Reverend C. L. Franklin, eines renommierten Gospelpredigers aus Detroit - von Kind auf Gospelmusik gehört. Als ihren ersten wichtigen Einfluss hat sie Mahalia Jackson genannt. Später kamen Jazzmusiker wie Oscar Peterson, Erroll Garner und Art Tatum hinzu.
Aretha Franklins erfolgreiche Platten gehören in den Bereich der besten Popularmusik der siebziger und achtziger Jahre, aber es gibt eine Aufnahme von ihr, die für Jazzfreunde von außergewöhnlichem Interesse ist: “Amazing Grace“ - 1972 entstanden in der New Temple Missionary Baptist Church in Los Angeles und mit der versammelten Gospelgemeinde - ist ein einziger swingender, ekstatischer Gospelgottesdienst. Dies war nicht nur ein Heimkommen in die musikalische und geistliche Welt, aus der Aretha stammte - schon das wäre viel gewesen! -, es war ein sensibilisierendes Wiederfinden der eigenen Wurzeln. 1987 wiederholte sie dieses Bekenntnis mit dem Doppelalbum “One Lord, One Faith, One Baptist“ - auch dies ein Gospelgottesdienst, aufgenommen in der New Bethel Baptist Church in Detroit.
Gruß
Heino