Nun wieder einmal in Schriftform:
Rudy Grayzell, Aufnahmen für Sun Records am 15./16. Oktober 1957: Rudy Grayzell-vocal, Roland Janes-g, Dick Ketner-b, Jimmy Smih-p
290 Judy (Paiz-Ketner)
290 I Think Of You (Paiz)
Rudy Jimenez „Tutti“ Grayzell, * 08. Juni 1933 in Saspamco/Texas, ist ein Rockabilly-Musiker und einer der Interpreten auf dem Sun-Label. Was ihn dort von anderen Stars und Sternchen unterscheidet, ist die Tatsache, dass er bereits vor seiner Verbindung zu Sam Phillips eine relativ erfolgreiche Karriere hinter sich hatte. Bekannte Titel von ihm sind unter anderem “Ducktail“ oder “Let's Go Wild“. Mit der Original-Hit-Version von “Ducktail (Mach nicht an meinem Entenschwanz rum)“ ist Rudy schon zu Lebzeiten längst ein Rockabilly-Klassiker! Neben seinen anderen Verdiensten war Rudy außerdem der erste Hispano-Rock’n’Roller der Geschichte, denn er wurde geboren als Rudolfo Jiminez im Süden von Texas.
Seine Eltern Joe und Juanita zogen mit Rudy Grayzell, ihrem zweiten Kind, kurz nach seiner Geburt nach San Antonio. Ihr Heimatort Saspamco war so klein, dass er inzwischen nicht mehr auf Landkarten zu finden ist. Schon früh interessierte sich der junge Grayzell für Musik, da seine Mutter Mandoline spielte. Geprägt wurde er außerdem von der Country-Musik, der Pop-Musik sowie traditioneller mexikanischer Musik. Mit zwölf Jahren erlernte Grayzell Gitarre zu spielen, angeblich um ein Mädchen aus seiner Schule zu beeindrucken. Kurz danach gründete er zusammen mit seinen Freunden Charlie Knuskie und Ray Mooney seine erste Band, die Silver Buckles, dann umbenannt in Texas Kool Kats, mit der er in Bars und Kneipen auftrat. Später ergänzten sie sich durch den Bassisten Bobby Joe Baker, Eddie Dugosh und den noch sehr jungen Doug Sahm. Eddie Dugosh ist durch einige Titel auf Sarg- und Award Records bekannt. Er war es dann auch, der Rudy 1959 zu Award Records vermittelte. Doug Sahm machte in den 60ern mit seinem Sir Douglas Quintet (“She’s About A Mover“, “Mendocino“) Furore. Das Repertoire der Texas Kool Kats war eine Mischung zwischen Pop und Country.
Doch in seiner Jugend wollte Grayzell eigentlich Sportler werden, bis man bei ihm einen Herzfehler feststellte und so widmete er sich weiterhin der Musik: „Baseball schied nach einer Schlacht mit Country & Western aus und Rudy Grayzell begann öfter das Plektron zu schwingen, als den Baseball-Schläger“. Nach der High School verbrachte Rudy einige Zeit auf dem College, bis er auf Charlie Walker traf. Charlie Walker war durch Billboard zu einem der Top 10-Country & Western DJs gewählt worden.
Während der lokalen Radiosendung “Barn“ auf KMAC traf Grayzell den Radiomoderator und Musiker Charlie Walker, durch den er Red Stewart (nicht mit Redd Stewart zu verwechseln) kennenlernte, der später sein Manager wurde. Stewart vermittelte dem jungen Rudy Auftritte und kümmerte sich um die Promotion. Grayzell begann, Eigenkompositionen in sein Repertoire aufzunehmen. Einige seiner Songs legte er der Veröffentlichungs-Gesellschaft American Music vor, die das Material wiederum an Fabor Robison (* 1911, + 1986), Eigentümer der Label Abbott und Fabor, weiterleiteten. Grayzell bekam kurz danach bei Fabor Robisons Abbott Records einen Plattenvertrag. Seine erste Session fand 1953 im KWKH-Studio in Shreveport/Louisiana mit der Louisiana Hayride-Hausband statt, die unter anderem Jimmie Day an der Steel-Guitar, Floyd Cramer am Piano, Kenny Hill am Bass, Jim Reeves sowie Jimmie Long einschloss. Das Label veröffentlichte 1953/54 drei Singles.
Seine erste Single (# 145) erschien im selben Jahr mit dem Titel “Looking At The Moon And Wishing On A Star“, der später auch von Charlene Arthur und Skeets McDonald aufgenommen wurde. Der Titel lief gut und wurde sogar in England auf London Records veröffentlicht. Nach einer weiteren Single (# 147) veröffentlichte Grayzell seinen letzten Titel bei Abbott Records, das bekannte “It Ain't My Baby (And I Ain't Gonna Rock It)“ auf Abbott 157. Für eine weitere Zusammenarbeit schien es an gutem Material zu fehlen.
Zwischenzeitlich hatte Grayzell die Möglichkeit bekommen, im Louisiana Hayride und in der Grand Ole Opry aufzutreten, was ihm weitere Bekanntheit verschaffte. Zusammen mit Jim Reeves und Mitchell Torok ging es auf Tournee.
1954 unterschrieb er einen Vertrag bei Capitol Records und änderte kurzzeitig seinen Namen in "Rudy Gray" um. Bei Capitol spielte er Titel wie “Hearts Made Of Stone“ (F 2946), das leicht an einen legendären Doo Wop-Titel angelehnt war (siehe weiter unten *), oder “Please Big Mama“ (F 3149) ein, die alle jedoch wie auch seine vorherigen Erscheinungen stark an den Country Boogie angelehnt waren. Danach konzentrierte sich Grayzell auf seine Live-Auftritte. Neben dem Hayride war er oft auf dem Sender KMAC zu hören und unternahm zusammen mit Elvis Presley eine Tournee.
* The Charms waren eine namhafte Doo Wop-Gruppe, die 1954 auf ihrer 6. Single den großen Hit mit dem Titel ”Hearts Of Stone” hatten und sie erreichten gegen Ende des Jahres für neun Wochen # 1 der R&B- und # 15 in der Pop-Hitliste. Die verkauften Stückzahlen überschritten die Millionen-Grenze und sie erhielten eine Goldene Schallplatte. Dieser Erfolg stand eigentlich The Jewels zu, denn sie hatten als erste Gruppe den Titel im Original auf R and B Records herausgebracht. Aber es waren nicht die Charms mit einer ersten Cover-Version, sondern der weiße Sänger Rudy Grayzell mit ”Hearts Made Of Stone” auf Capitol F 2946. Für den deutschen Schlagermarkt gab es den Titel “Dein Herz Aus Stein“, interpretiert von Marietta de Val auf Electrola 7MW 17-8505.
Wieder einmal war es Rudy’s Freund Charlie Walker, der ihm 1956 einen Vertrag bei Starday vermittelte. Starday versuchte, sein Rockabilly-Image aufzubessern und gab Rudy im Sommer 1956 mit seinem Material eine Chance, die er nutzen konnte. Erst hier veröffentlichte er zusammen mit seiner eigenen Band seine bekanntesten Titel wie “Ducktail“ (# 241), “You're Gone“ (# 241) und “Let's Get Wild“ (# 321). Diese Stücke gelten heute als Klassiker des Rockabilly und wurden auch von Joe Clay auf Vik Records gecovert. In dieser Zeit wurde ihm auch der Spitzname "Tutti" verpasst. Die Starday-Titel wurden im Goldstar Studio zu Houston/Texas produziert.
Nach seiner Zeit bei Starday war Grayzell bis Ende der 50er Jahre bei verschiedenen Labels unter Vertrag und veröffentlichte einige unbedeutende Singles, unter anderem auch eine bei Sun Records in Memphi/Tennessee. Hier fanden die Aufnahmen am 15./16. Oktober 1957 mit Rudy Grayzell-vocal, Roland Janes-g, Dick Ketner-b und Co-Autor und der blinde Jimmy Smih-p statt. Es wurden die Titel “Judy“ in zwei Versionen, “I Think Of You“, “I Won’t Be The Fool“ und “Remember When“ eingespielt. Die ersteren beiden wurden auf Sun 290 im Jahr 1958 veröffentlicht und die letzten zwei Titel blieben im Sun-Archiv, um Staub anzusetzen. “Judy“ hatte Hit-Potential, verfehlte aber die Charts.
Die letzte Single erschien 1959 für Award Records. Rudy hatte die Eigenkompositionen “F-B-I Story“/“You’ll Be Mine“ mit seinen Thunderbirds in Oakland aufgenommen, in Begleitung durch The Sparkles.
Nachdem Grayzell an die Westküste der USA gezogen war, ließ er sich 1960 endgültig in Oregon nieder. Für die nächsten Jahrzehnte spielte Grayzell keine Stücke mehr ein, sondern unternahm kleinere Tourneen durch die USA und spielte in Bars, Clubs und auf anderen kleinen Veranstaltungen.
Ende der 80er Jahre reiste Grayzell nach England, um auf dem Hemsby Rock'n'Roll Weekend zu spielen. Die Resonanz war positiv, und so begann er wieder, im Studio zu arbeiten. Er spielte eine neue Version seines Songs “Ducktail“ für das in Nashvill ansässige Sundial-Label ein und veröffentlichte ein Album. 1991 stand er in New York im Studio, um Titel für Norton Records-EP aufzunehmen. Auch heute noch tritt Grayzell öffentlich auf. In Anerkennung seiner Leistungen um die Rockabilly-Musik wurde er in die Rockabilly Hall of Fame aufgenommen. 2010 erschien eine CD mit der unveröffentlichten Komplettversion von “Let's Get Wild“ sowie vier weiteren nie erschienenen Aufnahmen. Rudy’s Auftritt beim “Viva Las Vegas“-Festival vom 01. bis 04. April 2010 soll nicht vergessen werden. Rudy Grayzell’s Beitrag zur Country – und Rockabilly-Music ist nicht unbemerkt geblieben. “Let's Get Wild“ hieß einer seiner Erfolgs-Titel, vielleicht war es auch sein Lebensmotto: er hat fünfmal geheiratet.
Gruß
Dietrich