DGG-/Polydor-Matrizen

 
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DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 20.10.2014 - 22:09 Uhr  ·  #1
Hallo zusammen!
Ich benötige Informationen über die Bedeutung von DGG-/Polydor-Matrizen-Gravuren, bzw. eine Bestätigung meiner Annahmen.
Beispiel: "1 ℗ 1968 H8 ◊Z B 00 201019 A Made in Germany"
Stimmen folgende Annahmen:
1 (schwacher Stempel) steht für den Vater.
℗ 1968 steht für das Aufnahmedatum.
H8 (Aug. '68 ) steht für das Datum der Lackfolienerstellung (lacquer cut). Oder für das Pressdatum?
◊Z: Bedeutung unbekannt (es gibt Diamant oder Stern ✳). Buchstaben sind A, G, K, M, S, V, W, Z (und ggfs. weitere). Seit 1967 wurden überwiegend Z or V verwendet, seit 1968 fast nur noch Z.
B = 90° nach links gedreht = steht für den Sohn ("Stamper"). A=1, Z=26, ..., AA=27, AG=34.
00: Bedeutung unbekannt.
201019 steht für die Katalognummer.
Made in Germany oder auch ∆Made in Germany∆ stehen für das Mastering in Hannover.
Steht das Dreieck aber für Mono?
Oft findet sich auch ein S1 / S2, das steht für die Nummer der Überspielung.
Daneben finden sich manchmal auch 2 oder 3 Buchstaben der Aufnahmeingenieure (z.B. SCHEI = Klaus Scheibe, SCHW = Hans-Peter Schweigmann, BA = Harald Baudis, HE = Gerhard Henjes, WO = Werner Wolf, HR = Günter Hermanns, WI = Heinz Wildhagen).
Vielen Dank im Voraus. S.
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 16.01.2017 - 15:24 Uhr  ·  #2
Moin allerseits! Hab den Post seinerzeit übersehen (trotz begleitender PN), sorry! :( Für den Fall, daß noch Interesse besteht, möchte ich versuchen, bei einigen Punkten zur Klärung beizutragen:

Zitat
℗ 1968 steht für das Aufnahmedatum.

Nein, das soll (eigentlich) das Jahr der ERSTEN Veröffentlichung sein. Wird allerdings nicht immer korrekt angewendet, was ja z.B. bei Compilations auch schwierig ist...

Zitat
H8 (Aug. '68 ) steht für das Datum der Lackfolienerstellung (lacquer cut). Oder für das Pressdatum?

Das stellt in der Tat den Monat dar, in dem die Überspielung vom Band auf Lackfolie stattfand. Keinesfalls das Preßdatum!

Buchstaben A - M = Monate 1 bis 12 ("I" und "J" sind gleichwertig verwendet worden = September).
Ziffer = Endziffer des Jahres, so verwendet von Mitte 1954 bis Ende 1969. Ob es sich um 50er oder 60er Jahre handelt, blieb der Repertoirekenntnis des Betrachters überlassen... Ab 1970 zweistellig (z.B. "B72"), etwa 1973 stellte man diese Kennzeichnung ein. Vor Mitte 1954 (seit den 40er Jahren oder früher) wurde das komplette Datum in der Form "7.10.51" (Beispiel) eingestanzt.

Diese Angaben sind nützlich (wenn auch nicht absolut zuverlässig) bei der Ermittlung des Veröffentlichungsdatums. Meist lag der Veröffentlichungstermin 1 bis 2 Monate nach dem eingestanzten Monat. Es hat aber immer wieder z.T. erhebliche Ausreißer gegeben (z.B. bei Verzögerungen im Taschendruck etc.).

Zitat
00: Bedeutung unbekannt.

Diese zwei Ziffern vor der Katalognummer gab es erst ab etwa 1967. Sie stehen für den Eigentümer des Repertoires bzw. den Auftraggeber der Pressung, Ein paar Beispiele:

00 = DGG/Polydor, einschließlich aller Sub- und Vertriebslabels
10 = Phonogram/Philips, einschließlich aller Sub- und Vertriebslabels
27 = Lohnpressung für CBS
99 = Lohnpressung diverse

Weitere fallen mir aus dem Stegreif nicht ein (werde evtl. später drauf zurückkommen).

Zitat
201019 steht für die Katalognummer.

So ist es, und hier handelt es sich um das Buddah-Label.

Zitat
Oft findet sich auch ein S1 / S2, das steht für die Nummer der Überspielung.

Hmm... ich kenne das eher als Kennzeichnung der Plattenseite. Dies wurde im Laufe der Zeit mehrfach geändert: "S1/S2" oder "A/B", so um 1966 herum gab es auch die Kombination "L/S", womit wohl eine eindeutige Kennzeichnung der A-Seite vermieden werden sollte.

Die Kombination aus Katalognummer und Plattenseite war übrigens auch die Kennzeichnung der jeweiligen Matrize, nachdem etwa Ende der 50er Jahre eine separate Nummerierung der Matrizen aufgegeben worden war.

Zitat
Made in Germany oder auch ∆Made in Germany∆ stehen für das Mastering in Hannover.
Steht das Dreieck aber für Mono?

Ich denke, das ist eher wörtlich zu nehmen... aber meines Wissens wurden sämtliche Überspielungen der DGG (zumindest bis Anfang der CD-Ära) in Hannover in der "Podbi" vorgenommen, so daß es auf dasselbe rauskommt. Und das Dreieck = Mono? Keine Ahnung, sorry! Werde mal drauf achten...

Gruß, Wolfgang
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 16.01.2017 - 18:12 Uhr  ·  #3
Schöne Zusammenfassung mit einigen Details, die mir vorher noch nie aufgefallen sind, danke!

Eine kleine Korrektur: Das vollständige Bearbeitungsdatum erscheint von 1946 bis 1954, das sind alles Überspielungen von Masterbändern. Noch ältere Polydors sind Direktschnittaufnahmen auf Wachsplatte, und haben leider nie ein Datum vermerkt. Allenfalls eine Jahreszahl im Format "Mechan. Copt. 1928", die entspricht dem späteren (P) Datum, also Jahr der Veröffentlichung - eigentlich der ERST-Veröffentlichung, es gibt aber genug Beispiele für "aktualisierte" Daten, z.B. bei Neukopplungen mit neuer Bestellnummer, da steht dann plötzlich das Datum der Neukopplung im Wachs.
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 16.01.2017 - 18:46 Uhr  ·  #4
Hallo Chris,

danke für Korrektur und Ergänzung. An die "Mech. Copt."-Angabe hatte ich nicht gedacht. Gut zu wissen, daß sie die gleiche Bedeutung hatte wie die spätere P-Angabe! :)

Gruß, Wolfgang
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 31.01.2017 - 22:53 Uhr  ·  #5
Vielen Dank für die aufschlussreiche Antwort.

S1=1 steht für die Überspielung (nach Seite 1).

Unklar ist mir immer noch die Bedeutung von ◊Z und ✳V. Sind das die Lathes oder die Pressen?

Andere Lohnpressungen auf die Schnelle:
25: Center, SABA, MPS
28: Elektra, Metronome
36: Bertelsmann Club

Danke und Gruss,
Seb
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 01.02.2017 - 11:23 Uhr  ·  #6
Zitat geschrieben von sebfact

S1=1 steht für die Überspielung (nach Seite 1).


Hallo Seb,

so stimmt's!😉
Wobei es mich immer wieder wundert, daß bei Neu-Überspielungen häufig nur eine Seite (bei Singles meist die A-Seite) drankommt... die Abnutzung der Matrizen kann ja eigentlich nicht unterschiedlich sein. Ob man drauf spekuliert hat, daß Single-Käufer die B-Seite weniger beachten und daher nicht merken, wenn die Klangqualität nicht so toll ist?


Zitat geschrieben von sebfact

Unklar ist mir immer noch die Bedeutung von ◊Z und ✳V. Sind das die Lathes oder die Pressen?


Sorry, da muß ich passen! :(

Danke für die Ergänzungen!

Gruß, Wolfgang
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 08.02.2017 - 11:11 Uhr  ·  #7
Moin Wolfgang,

nochmals zwei Fragen zum DGG-Werk und seinen Kürzeln und Ziffern:

Bis ca. 1958 wurden 5 bis 6-stellige Ziffern verwendet, z. B 56118 (Seite A) und 56119 (Seite B).
I.d.R. sind diese Zahlen je Seite sequentiell ansteigend, aber nicht immer (bspw. 31169 - Seite A und 31485 - Seite B oder aber 31418- Seite A und 31417 - Seite B). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass ich bislang nur 3er und 5er Nummern gefunden habe (seltener 6er und 8er), aber keine 1er, 2er, 4er. Einen Zusammenhang mit den Sub-Labels kann ich nicht erkennen.
Stehen sie für die Aufnahmenummer?

Dann folgen 1, 2 oder 3 Buchstaben, oftmals ergänzt durch römischen Ziffern, deren Bedeutung auch nicht klar ist. Beispiele:
BM, BS, CS, DS, DS Ⅱ, GH, GN, GS, GS Ⅱ, GS Ⅲ, H, H Ⅱ, H Ⅲ, HN, HS, HS Ⅱ, HS Ⅲ, KK, KS, KS Ⅱ, LW, LW Ⅱ, LW Ⅲ, MS, S, S Ⅱ, S Ⅲ, S Ⅳ, SH, SH Ⅱ, SL, SM, SM X, SN, SN Ⅳ, SS, SS Ⅱ, SS Ⅳ,
ST, STN, STS, STS Ⅱ, TN, W, W Ⅱ, W Ⅲ, W Ⅳ, W XⅣ, W WV, WH, WIS, WIS Ⅱ, WIW, WIW Ⅱ, WIW Ⅲ, WN, WS, WS X, WS Ⅱ.

Ist zwar schon ewig her, aber hast Du eine Idee?

Danke und Gruss, Seb
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 08.02.2017 - 11:20 Uhr  ·  #8
Zitat geschrieben von sebfact
Moin Wolfgang,

nochmals zwei Fragen zum DGG-Werk und seinen Kürzeln und Ziffern:

Bis ca. 1958 wurden 5 bis 6-stellige Ziffern verwendet, z. B 56118 (Seite A) und 56119 (Seite B).
I.d.R. sind diese Zahlen je Seite sequentiell ansteigend, aber nicht immer (bspw. 31169 - Seite A und 31485 - Seite B oder aber 31418- Seite A und 31417 - Seite B). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass ich bislang nur 3er und 5er Nummern gefunden habe (seltener 6er und 8er), aber keine 1er, 2er, 4er. Einen Zusammenhang mit den Sub-Labels kann ich nicht erkennen.
Stehen sie für die Aufnahmenummer?

Dann folgen 1, 2 oder 3 Buchstaben, oftmals ergänzt durch römischen Ziffern, deren Bedeutung auch nicht klar ist. Beispiele:
BM, BS, CS, DS, DS Ⅱ, GH, GN, GS, GS Ⅱ, GS Ⅲ, H, H Ⅱ, H Ⅲ, HN, HS, HS Ⅱ, HS Ⅲ, KK, KS, KS Ⅱ, LW, LW Ⅱ, LW Ⅲ, MS, S, S Ⅱ, S Ⅲ, S Ⅳ, SH, SH Ⅱ, SL, SM, SM X, SN, SN Ⅳ, SS, SS Ⅱ, SS Ⅳ,
ST, STN, STS, STS Ⅱ, TN, W, W Ⅱ, W Ⅲ, W Ⅳ, W XⅣ, W WV, WH, WIS, WIS Ⅱ, WIW, WIW Ⅱ, WIW Ⅲ, WN, WS, WS X, WS Ⅱ.

Ist zwar schon ewig her, aber hast Du eine Idee?

Danke und Gruss, Seb


Das sind noch "Matrizennummern" im alten Stil, wie sie auch auf Polydor-Schellacks (und im Grunde schon auf den allerersten Emil-Berliner-Platten Ende des 19. Jahrhunderts) zu finden sind. Zu jener späten Zeit sind es nur noch Seriennummern für die Überspielungen auf Lackfolie, für 78 rpm beginnen diese Bandkopie-Nummern bei "1 KK" (in 1946) und gehen bis über 7000 (in 1957). Für 45er wurden Blöcke beginnend mit 30000 bzw. 50000 reserviert, ich vermute, andere Blöcke finden sich auf 33er LPs. Die Kennbuchstaben codierten bei Grammophon/Polydor vor dem Krieg immer die Aufnahmetechniker und die römischen Ziffern das Studio. Ich vermute mal, dieses System wurde einfach fortgesetzt. Ab 1958 (ich nehme an, mit dem endgültigen Ende der Schellack-Produktion) hat man das System dahingehend reformiert, dass statt getrennter Matrizennummern für jede Seite nur noch die Bestellnummer mit "A" bzw. "B" für beide Seiten verwendet wird. Letzteres System wurde ja hier schon sehr gründlich auseinandergesetzt.

Gruß aus Berlin,

Chris

PS: Die Nachkriegs-Matrizennummern sind NICHT identisch mit den Aufnahme- oder Bandnummern - das wird schon daraus deutlich, dass die 45er Single jeweils völlig andere Nummern hat als die musikalisch identische 78er.
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 13.03.2017 - 12:07 Uhr  ·  #9
Zitat
Die Kennbuchstaben codierten bei Grammophon/Polydor vor dem Krieg immer die Aufnahmetechniker und die römischen Ziffern das Studio.


Chris, vielen Dank für die Informationen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob es tatsächlich stimmt, dass die Tonmeister die "Stars" waren und die "Folienschneider" nur "Techniker". Mit anderen Worten, wenn SCHW (Hans-Peter Schweigmann) in der Rille steht, hat er dann auch die Folie geschnitten oder referenziert das wirklich nur auf den Aufnahmeleiter?
Danke und Gruss, Sebastian[/quote]
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 13.03.2017 - 13:18 Uhr  ·  #10
Ich verstehe den Sinn der letzten Frage nicht ganz - bei der alten Direktschnitt-Technik gab es immer genau einen Aufnahme-Ingenieur, der für die betr. Sitzung verantwortlich war, und dessen Matrizenserie(n) wurde logischerweise benutzt. Später, als die Aufnahmen auf Band gemacht wurden, fehlt diese Information freilich auf der davon gezogenen Lackfolie: Alle Nachkriegs-Polydor-78er sind in einer einzigen Nummernfolge, da vermutlich alle Band-zu-Folie-Umschnitte in Hannover gemacht wurden (in früheren Jahren hatte jeder Ingenieur ja gerade deshalb seine eigene Matrizenserie, damit keine Nummernkonflikte entstanden, wenn gleichzeitig von drei Herren etwa in Berlin, München, und Wien aufgenommen wurde). Ob die in der Nachkriegszeit nach wie vor wechselnden Buchstabenkürzel weiterhin die Identität des (Band-)Aufnahmeleiters codieren oder doch den des Technikers, der die Folie schneidet, ist mir nicht sicher bekannt. Es liegt nahe, dass es "nur" der Folienschneider ist, denn es war sicherlich firmenintern relevant zu wissen (vor allem im Fall von Mängeln), wer für die Fertigung welcher Folie/Matrize verantwortlich war. Sinnvollerweise werden andererseits die Bänder mit den Namen der Aufnahmeleiter gekennzeichnet gewesen sein, eine Information, die weder für den Folienschnitt noch für die darauffolgende Pressung erheblich ist und deshalb (wahrscheinlich) auch nicht auf der Platte aufscheint.

Der Name Schweigmann sagt mir allerdings nichts, auch eine Buchstabenfolge SCHW kommt nicht vor, und das System der Polydor-Suffixe funktioniert auch nicht anhand von Initialen oder abgekürzten Namen. Wenn wir die uralten mechanischen Trichteraufnahmen außer Acht lassen, beginnt das Polydor-System 1925 mit einer Reihe von Buchstabenpaaren:

Ingenieur 1: bd (25cm) und be (30cm)
Ingenieur 2: bf (25cm) und bg (30cm)
Ingenieur 3: bh (25cm) und bi (30cm)
usw. bis "bz". (nicht alle Buchstaben kommen praktisch vor).

Ab 1928 wurden der Lesbarkeit halber Großbuchstaben statt der Kleinbuchstaben verwendet.

ACHTUNG: Jede einzelne Serie hat ihre eigene Nummernfolge!! Eine Polydor-Matrize "4711" ohne Buchstaben bedeutet also gar nichts, denn "4711 BR" enthält völlig andere Musik als "4711 BD" oder "4711 BH". Man darf auch nicht Nummern mit verschiedenen Suffixen als eine Serie betrachten:

1234 BV
1235 BV
1236 BV

können dieselbe Aufnahmesitzung sein,

3456 BK
3457 BS
3458 BD

stehen aber nur zufällig hintereinander, stammen aus DREI Sitzungen an unterschiedlichen Daten und Orten.

Ein manchmal auftauchender dritter Buchstabe bezeichnet einen Aufnahmeort im Ausland: "BKP" ist von Ingenieur "BK" in Paris aufgenommen, "K" ist Kopenhagen, usw.

Mit dem Wechsel des Aufnahmeverfahrens 1934 ändern sich die vorderen "B" zu "G", aus "BN" wird also "GN", aus "BR" wird "GR" usw. Die Nummernfolge läuft jeweils weiter. Nachdem "GZ" erreicht war, wurden neu eingestellten Ingenieuren Serien beginnend mit "H" und noch später mit "K" zugeteilt. ("I" wurde wegen der Verwechslungsgefahr mit "1" ausgelassen, "L" hat einen Sonderzweck, nämlich kleine 15cm und 20cm Kinderplatten). Vor Kriegsende war "KI" als letzte reguläre Matrizenserie erreicht. Alle Kriegs- und Vorkriegsaufnahmen sind Direktschnitte.

Dementsprechend beginnen die Bandumschnitte 1946 (seither wurde nichts mehr im Direktschnitt aufgenommen!) mit Nr. 1 KK. Dieses "KK" ist also mitnichten ein Initial für "Klaas Klever" oder dergleichen, sondern einfach die nächste noch nicht belegte Buchstabenkombination! Mehrere Jahre lang wurden diese Buchstaben für ALLE 78er-Matrizen aus Bandoriginalen verwendet, gleichgültig wo und von wem die Aufnahme gemacht wurde, oder welchen Durchmesser die fertige Platte hat. Länger spielende "Variable Grade"-Seiten bekamen ein "L" vorneweg (LKK), 30cm-Platten eine Null vor die Nummer (0234 KK steht z.B. zwischen 25cm-Platten 233 KK und 235 KK) und die ersten 45er Singles bekamen eine separate Serie "SS" beginnend vermutlich bei Nr. 30000.

Anfang der 1950er Jahre wechseln dann die Buchstabenkombinationen wieder, aber INNERHALB DERSELBEN NUMMERNFOLGE (im Gegensatz zur älteren Praxis): Statt "KK" heißt es jetzt fallweise "DH", "WS", usw. Dies _könnten_ Initialen sein, einen Beleg dafür habe ich nicht. Dies ist dann auch die letzte Form von Matrizennummern bei Polydor, 1958, offenbar zeitgleich oder sehr zeitnah mit dem Ende der 78er-Produktion, fallen sie ganz weg und werden ersetzt durch die Bestellnummer der Platte mit Zusatz "A" bzw. "B" um die beiden Seiten zu unterscheiden.

Obiges nur eine kurze Zusammenfassung aus dem Gedächtnis, bitte um Entschuldigung, dass ich auf die in über 30 Jahren Firmengeschichte unvermeidlichen Ausnahmen von dieser Systematik nicht weiter eingegangen bin.

Chris
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 15.03.2017 - 18:03 Uhr  ·  #11
Chris,

vielen Dank für die vielen Informationen. Spannend :)

Einige Anmerkungen:
Zitat
Anfang der 1950er Jahre wechseln dann die Buchstabenkombinationen wieder, aber INNERHALB DERSELBEN NUMMERNFOLGE (im Gegensatz zur älteren Praxis): Statt "KK" heißt es jetzt fallweise "DH", "WS", usw.
Die Umstellung erfolgte bereits zum Januar 1951. Polydor 48472 (12.01.1951) hat bereits DH.

Zitat
die ersten 45er Singles bekamen eine separate Serie "SS" beginnend vermutlich bei Nr. 30000.
Es gibt zwar jede Menge Polydor Vinyl 7" mit SS (bis 1960), allerdings wurde SS auch bereits bei Polydor Shellacs im Jahre 1951 verwendet, z. B. Polydor 48593: 2839 SS und 2840 SS.

Vinyl 7" beginnen m.W. 1953 und ab Nr. 51000. Beispiel: Polydor 20008 vom Mai 1953 hat 51018 S und 51019 S II.

Die Kürzel SCHW usw. sind nur auf Pressungen der DGG zu finden, nicht auf Polydor, Brunswick, Coral, etc.

Beste Grüße
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Re: DGG-/Polydor-Matrizen

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Gepostet: 24.03.2017 - 22:06 Uhr  ·  #12
Hallo Freunde der DGG,
von einem anderen Forum habe ich folgende Namen von DGG-Tonmeistern bekommen, die sich als Initialen auch jeweils in den Auslaufrillen befinden:
Joachim Augustin - AU-SL, AU-V (1960er)
Harald Baudis - BS, BS II, BA-S, BA-SL, BA/SL, BA/V, BA/W, BA◇K, BA◇K II, BA◇N, BA◇V, BA◇W (1950er - 1970er)
Werner Grimme - GN, GS, GS II, GS III, G/S, G/SL (50er / 60er)
Gerhard Henjes - HE-K, HE/SL, HE/W, HE◇K, HE◇W (60er)
Günter Hermanns - HR-K, HR-S, HR-SL, HR/S, HR◇K, HR◇V, HR◇W (60er)
Heinrich Keilholz - KN, KN II, KS, KS II, KS III, KE/S (50er)
Klaus Scheibe - SCH◇V, SCH◇W (60er)
Hans-Peter Schweigmann - SCHW-S, SCHW◇K, SCHW◇W (60er)
Alfred Steinke - STS, STS II, STW (50er)
Karl-Heinz Westphal - WS, WS II, WS III (50er)
Walter Alfred Wettler - WE-S, WE/S, WE◇N, WE◇W (60er)
Heinz Wildhagen - WIS, WIS II, WI-K, WI-S, WI-W, WI/S, WI◇K, WI◇N, WI◇V, WI◇W (50er / 60er)
Werner Wolf - WOS, WO-W, WO/S, WO/SL, WO◇K, WO◇W (50er / 60er)

Jetzt stellt sich mir umso mehr die Frage, ob der "Tonmeister" sowohl der Aufnahmeleiter als auch der Folienschneider war oder nicht.

Willem Makee, ein ehemaliger Folienschneider in der Podbi hat gesagt, die Aufnahmeleiter der DGG waren die Stars, alle anderen waren nur "Techniker". Aber vielleicht war das vor seiner Zeit in Hannover anders?

Und ich würde wirklich zu gerne erfahren, wofür ◇K, ◇N, ◇V usw. stehen...

Chris, darf ich fragen, was Du bei der DGG gemacht hast?

Danke und Gruss, Seb
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